Freitag, 16. September 2016
Der Maskenmann
Meine lieben Leserinnen und Leser, heute stelle ich Ihnen einen weiteren, den vierten Kriminalroman des Schriftstellers Jörg van Damme vor, der nicht minder spannend ist als die zuvor vorgestellten Bücher und ebenfalls über Amazon zu beziehen ist. Auch dieses Buch verspricht erneut viel Spannung und Unterhaltung für all jene, die Krimis lieben.



Gelsenkirchen.
Erstmals erfuhr die Bevölkerung an diesem grau verhangenen Morgen aus der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“, der „WAZ“, dass es in ihrer Stadt mitten im Ruhrgebiet einen grausamen Maskenmann gibt.
Diese und auch andere Gazetten veröffentlichten jeweils einen größeren Bericht über ein Verbrechen, das sich gerade am Tag zuvor ereignet hat. Und wie die auf alles Neue geilen Berichterstatter nun einmal sind, haben sie die ihnen von der Pressestelle des Polizeipräsidiums mitgeteilten Ermittlungsergebnisse der Kriminalpolizei in epischer Breite ausgeschmückt und ausgewalzt, um sie so den morgendlichen Lesern als Sensationshascherei vorzusetzen, auf dass deren sensiblen Nerven gekitzelt werden.
Wer immer auch seine Zeitung zum Frühstück liest, Appetit anregend ist die Lektüre jedenfalls nicht.
Die Leser all dieser Presseerzeugnisse wollten es erst kaum glauben, was sich da am Vortag in ihrer ansonsten so relativ friedlichen Stadt mitten im schönen Ruhrgebiet abgespielt hat.
Was war geschehen?
Ein völlig in Schwarz gekleideter Mann mit Kapuzenhaube und einer aufgesetzten grellbunten Fratzenmaske hat in Gelsenkirchen ein fürchterliches Verbrechen begangen.
Er hat im Bulmker Park am frühen Abend eine junge Frau angefallen, sie in ein nahes Gebüsch gezerrt und dann brutal mit einem Klappmesser attackiert. Dabei fuhr er der Frau mehrfach mit der Tatwaffe quer durchs Gesicht, so dass sie wohl für immer verunstaltet sein dürfte, es sei denn, ein geschickter Schönheitschirurg schafft es, mit seinen Künsten das Gesicht dieser Frau wieder einigermaßen ansehnlich zu gestalten.
Zwar konnte der Täter von aufmerksamen Fußgängern verschreckt und in die Flucht geschlagen werden, doch der armen jungen Frau hilft das jetzt nicht weiter. Blutüberströmt wird sie mit einem schnell herbei gerufenen Rettungswagen nach der ersten Notarzt-Behandlung in die Evangelischen Kliniken eingeliefert, wo sich die Ärzte und Schwestern rührend um die junge Frau bemühen, die Blutungen stillen und ihr gut zureden. Um einige Nähte, die gelegt werden müssen, kommt sie leider nicht herum.
Seelischer Beistand ist hier besonders gefordert, der ihr auch gewährt wird. Obwohl die Patientin um einen Spiegel bittet, um selbst zu sehen, was man mit ihr angestellt hat, wird ihr dieser Wunsch bewusst verweigert. Diesen Anblick kann man ihr einfach nicht zumuten.
Diese grausame Tat zu verarbeiten, dürfte für das junge Opfer sehr schwer werden. Ohne psychologische Hilfe wird sie während des Klinikaufenthaltes und danach nicht auskommen, denn allein ein Blick in den Spiegel würde immer wieder erneut traumatische Erinnerungen hervor rufen.
Da stellt sich der Bevölkerung nach dem Lesen des Berichtes die große Frage, was das für ein Mensch ist, der eine derartige Tat imstande ist zu vollbringen.
Eine Antwort kann derzeit niemand auf diese Frage geben, denn der unglaublich rabiat vorgehende Täter wurde zwar von seinem Opfer getrennt und vertrieben, ihm gelang aber die Flucht quer durch das Parkgelände, ehe die per Handy von einem Passanten alarmierte Polizei eingreifen konnte. Selbst eine blitzschnell ausgelöste Ringfahndung erbrachte keinen Erfolg.
Die Polizei tappt derweil völlig im Dunklen.
Die so fürchterlich zugerichtete Patientin bekam nach ihrer ersten noch am Tatabend vollzogenen Operation ein helles und freundliches Einzelzimmer zugewiesen, um von allen anderen Patienten separiert zu sein.
Die Ärzte wollen damit verhindern, das irgend jemand eine unbedachte falsche Bemerkung gegenüber dem Opfer ausspricht oder dumme Fragen stellt, die nur unnütz bei der jungen Frau seelische Wunden erneut aufreißen würden, die zu schließen man schließlich sichtlich bemüht ist.
In der Bevölkerung wird durch die unverhüllte Berichterstattung leider von den unüberlegt schreibenden Journalisten jede Menge Angst verbreitet. Gewiss, sie sollen über sämtliche Geschehnisse der Öffentlichkeit berichten, aber es ist ein großer Unterschied, ob dies in seriöser oder aufmacherischer Weise geschieht, die nicht beruhigt, sondern große Ängste schürt.
Die Art und Weise, wie diese spezielle Berichterstattung praktiziert wurde, ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie es im Journalismus nicht geschehen sollte. Obwohl die WAZ durchaus nicht als unseriös bezeichnet werden kann, so kommt es gelegentlich doch vor, dass mal ein Schreiberling über die Stränge schlägt und im Lokalteil Formulierungen anbringt, die man tunlichst vermieden hätte. Derartige Leute, die so unüberlegt ihre Ansichten von sich geben, berufen sich meist auf die berühmte Pressefreiheit, die ihnen angeblich zustehe.
Ein dummes Argument in diesem Zusammenhang, aber leider nicht auszurotten.
Das kann man so oder so sehen und trotzdem seriös darüber berichten. Leider bleibt bei manchen Journalisten der gute Geschmack auf der Strecke, wie in dem vorliegenden Falle.
Jedenfalls ist der großen Leserschaft mit dem Artikel über den Maskenmann, wie er von der Polizei bezeichnet wird, so sicherlich nicht gedient. Die Auswirkungen der unqualifizierten Berichterstattung hat eine derartige Angstwelle entfacht, dass die Menschen es meiden, selbst am frühen Abend noch irgendwo Parkanlagen zu betreten.
Dafür patrouillieren Polizeistreifen vermehrt durch die Straßen und Anlagen der Stadt. Man möchte Unruhe vermeiden helfen und gegenüber der Bevölkerung ein Zeichen setzen. Die Bürger sollen sehen, dass man durchaus sehr besorgt ist um die Sicherheit der Bevölkerung.

Im Polizeipräsidium herrscht reges Treiben. Der Polizeipräsident hat spontan eine Sonderkommission ins Leben gerufen, die den Namen „SOKO Maskenmann“ trägt. 15 Kriminalbeamte wurden zusammen gezogen, um sich dieses schweren Verbrechens anzunehmen.
Kriminal-Hauptkommissar Eberhard Wettig ist vom Polizeipräsidenten beauftragt, die Leitung zu übernehmen und für schnellstmögliche Fahndungsergebnisse zu sorgen. In dem im Stadtteil Buer gelegenen Präsidium laufen die organisatorischen Arbeiten auf Hochtouren, um den 15 zur SOKO abgestellten Beamten den benötigten Raum zur Verfügung zu stellen und weiterhin für alle nötigen Kommunikationsmittel zu sorgen.
Die Kripo-Beamten nehmen unverzüglich ihre Arbeit auf, um keine Zeit zu verlieren. Seitens der Kriminaltechnischen Untersuchungsstelle laufen die Ermittlungen direkt vor Ort zwecks Spurensicherung. Sie durchkämmen akribisch den Bulmker Park und vor allem den direkten Tatort selbst. Außer Blutflecken, die vermutlich vom armen Opfer stammen, finden sich keine weiteren Anhaltspunkte, die irgend welche Aufschlüsse über den Täter geben könnten.
Da in diesem Falle keine Schusswaffe benutzt worden ist, gibt es keine Patronenhülsen, die Auskunft über die benutzte Waffe hätten geben können. Das vom Täter benutzte Klappmesser ist nicht aufzufinden. Der Täter hat es vermutlich eingesteckt und mitgenommen.
Auch verräterische Zigarettenstummel lassen sich an dem Ort des Überfalls vom auf sein Opfer lauernden Fratzenmann nicht finden. Möglicherweise ist er ein Nichtraucher.
Dafür entdecken die suchenden Spusi-Leute an einem Busch dunkle Wollfasern, die eventuell vom Kapuzenmantel des Täters stammen. Das zu untersuchen bleibt den Beamten allerdings für später vorbehalten, wenn ihnen eine Gegenprobe des noch aufzufindenden Kleidungsstückes des Maskenmannes zur Verfügung steht.
Fußabdrücke sind im Gras leider nicht erkennbar, zumal es kurz zuvor auch noch geregnet hat, so dass sich nieder getretene Grashalme schnell erholten und wieder aufrichteten.
Die vorhandene Beweislast ist mehr als dürftig, da die geschundene junge Frau selbst bislang nicht zur Tat befragt werden durfte. Das mussten die Ärzte leider im Interesse der schnell zu behandelnden Patientin verweigern. Eine intensive Befragung, die eventuell weitere Hinweise auf den Täter erbringt, steht derzeit noch aus.
Mit diesen bisher vorliegenden Fakten sind die Männer der SOKO Maskenmann äußerst unzufrieden. Und da auch die unmittelbar nach der Alarmierung ausgelöste Ringfahndung keinerlei Ergebnisse brachte, sieht es momentan nicht gerade sehr gut aus.
Hauptkommissar Eberhard Wettig ruft am Tag nach dem Überfall seine Männer im Konferenzraum zusammen, um mit ihnen die Sachlage kurz zu erörtern.
„Meine Herren, ich habe sie heute erstmals in unserer Sache zusammengerufen, um mit ihnen die bisher auf dem Tisch liegenden Fakten zu besprechen. Wir müssen davon ausgehen, dass es sich um einen Einzeltäter handelt, der über eine psychische Störung verfügt. Anders kann ich mir diesen Übergriff nicht erklären, denn ein normal funktionierender Mensch kommt nicht auf eine derartige Idee, eine Frau im Gesicht zu verunstalten. Es ist noch nicht einmal gesagt, dass der Täter strafrechtlich überhaupt zur Rechenschaft gezogen werden kann, sollte er über eine krankhafte Psyche verfügen, die ein Gutachter allerdings erst attestieren müsste. Das ist aber alles noch Zukunftsmusik, denn zunächst muss der Täter erst einmal gefasst werden. Das ist unsere derzeitige Hauptaufgabe.“
Danach fragt der SOKO-Chef die Beamten reihum ab, was bereits an Erkenntnissen bisher vorliegt. Viel ist es nicht. Das weiß er zwar auch so, aber er möchte mit diesem Gespräch seine Leute mehr sensibilisieren, um voran zu kommen.
Dann meldet sich ein Beamter zu Wort, der auf einen besonderen Umstand aufmerksam machen möchte.
„Chef, es ist bislang eine Einzeltat, die wir verfolgen. Es könnte sich allerdings aus dieser Tat heraus ein Serientäter entwickeln, der weitere derartig perfide Taten im Schilde führt. Mein Vorschlag: Auch die umliegenden psychiatrischen Anstalten zu kontaktieren, ob dort eventuell ein psychisch labiler Mensch, vermutlich ein Mann, kürzlich entlassen worden ist. Das könnte eventuell hilfreich sein.“
„Guter Vorschlag.“
Wettig beordert sofort zwei Männer ab, die sich dieser neuen Aufgabe widmen sollen, um auch in dieser Richtung nichts unversucht zu lassen. Dann wendet er sich erneut seinen Beamten zu.
„Leute, ich bitte um um flotte aber umsichtige Arbeit, damit wir kein Detail übersehen, das uns zu dem Täter hinführen könnte. Machen sie sich jetzt bitte wieder an ihre Arbeit.“
Damit entlässt er die Gesprächsrunde. Die Beamten begeben sich zurück an ihre Arbeitsplätze, um keine Zeit zu verlieren.

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